Gute Bildungspolitik = Viel Bildung, wenig Politik

„Im Kampf um den Erhalt der Eigenständigkeit der Realschulen entscheidet sich, ob wir ein differenziertes oder vereinheitlichtes Schulsystem haben“, sagt der FDP-Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern. Er war zusammen mit seinem Landtagskollegen Rudi Fischer (ebenfalls FDP) an der Schönbein-Realschule in Metzingen und sprach dort mit Schulleiter Jürgen Grund und Lehrerin Carola Schmidt darüber, wie die Realschule als Schulart wieder gestärkt werden kann.
Der politisch diskutierte Umbau der Sekundarstufe hin zu einem System aus Gymnasium und vereinheitlichter „Zweiter Säule“ sei dabei für die Eigenständigkeit der Realschulen eine Bedrohung, berichtete auch Schulleiter Jürgen Grund. Als Negativbeispiel führte er Tübingen an: „Wer in Tübingen wohnt und sein Kind auf eine Realschule schicken möchte, muss lange Wege in Kauf nehmen. Denn in Tübingen gibt es schlicht keine Realschulen mehr“. Dabei entscheiden sich in Baden-Württemberg nach aktuellsten Zahlen 36% aller Übergänger von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen für die Realschule. „Anhand solcher Übergangszahlen ist der Wille der Eltern wie auch der Schülerinnen und Schülern doch ziemlich eindeutig“, ergänzte Jürgen Grund.
Auch für die Neugreuthschule, die als Werkrealschule direkt neben der Realschule liegt, seien die Vereinheitlichungspläne bedrohlich, so der Schulleiter weiter. Dr. Timm Kern, der bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion ist, kritisierte die von der grün-schwarzen Landesregierung beschlossene Abschaffung des Werkrealschulabschlusses deutlich: „Werkrealschulen sind gerade für die praxisnahe Bildung und den ländlichen Raum unverzichtbar. Ihre Abschaffung beschädigt den Bildungsstandort Baden-Württemberg einmal mehr.“ Auch Schulleiter Jürgen Grund könnte sich diese Maßnahme nicht erklären:
„Sie können natürlich die Haupt- und Werkrealschulen abschaffen – aber die Schüler, die sie brauchen, nicht.“
Diese Entwicklungen belasteten auch die Realschulen, so Jürgen Grund weiter. Denn die zunehmende Heterogenität in den Klassen sei gerade für diese Schulart sehr herausfordernd: „Wir investieren z.B. fast eine halbe Lehrerstelle für die Kinder und Jugendlichen, die mit Hauptschulniveau bei uns an der Realschule sind – und das, obwohl mit der Neugreuthschule direkt nebenan die passende und spezialisierte Schule für diese Schülerinnen und Schüler existiert.“ Ähnlich sei es beim Thema Inklusion: Die Schönbein-Realschule tue viel dafür, Inklusion zu ermöglichen und arbeitet hier auch sehr erfolgreich, so Lehrerin Carola Schmidt. „Es muss aber auch klar sein: Wir sind als Realschullehrer ja gar nicht dafür ausgebildet, optimal auf Kinder mit besonderem Förderbedarf einzugehen“, so die Lehrerin für Deutsch, Geschichte und Ethik. Deshalb, so waren sich die Gesprächspartner einig, sei es wichtig, die spezialisierten Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren zu erhalten und zu stärken.
Das Fazit von Dr. Timm Kern: „Gute Bildungspolitik ist möglichst viel Bildung und so wenig Politik wie möglich. Die Politik sollte verlässliche Rahmenbedingungen schaffen und die Ressourcen bereitstellen, sich ansonsten aber raushalten.“ Rudi Fischer ergänzte: „Flexibilität und Eigenverantwortung vor Ort – das ist, was sich die Schulen wünschen. Nicht kleinteilige Regelungen vom Büroschreibtisch in Stuttgart aus.“