Zeiten des Umbruchs im Gesundheitswesen

Dr. Timm Kern, Dominik Nusser und Rudi Fischer
Dr. Timm Kern (MdL), Dominik Nusser (Geschäftsführer der Kreiskliniken Reutlingen) und Rudi Fischer (MdL)

Es ist eine Zeit des Umbruchs in den Kreiskliniken Reutlingen – doch Geschäftsführer Dominik Nusser bleibt auch unter dem neuen Management des Institute for Healthcare-Business (hcb) eine Konstante. Beim Austausch der beiden FDP-Landtagsabgeordneten Dr. Timm Kern und Rudi Fischer mit ihm ging es um die Zukunft der Gesundheitsversorgung in und um Reutlingen

Dabei zeigte sich Dominik Nusser überzeugt, dass sich in den Versorgungsstrukturen einiges ändern müsse, um sie funktionsfähig zu halten: „Niedergelassene Ärzte finden immer öfter keine Nachfolge, das können die Kliniken auf Dauer nicht auffangen“, so der Geschäftsführer. Mit rund 760 Betten an den beiden Standorten Reutlingen und Münsingen und etwa 2.500 Beschäftigten seien die Kreiskliniken gut aufgestellt – doch das große Einzugsgebiet sei eine Herausforderung, berichtete Dominik Nusser seinen Gästen aus dem Landtag.

Dabei sei das Problem aber nicht, dass es in Deutschland oder Baden-Württemberg insgesamt zu wenige Betten gebe, fügte Dr. Timm Kern an: „Unser Problem ist nicht in erster Linie, dass wir die nötigen Ressourcen im Gesundheitswesen nicht haben – sondern vielmehr, dass die vernünftige Steuerung der Ressourcen nicht funktioniert. Die Bereitstellung von Betten passiert nicht nach einem strukturierten und nach Kriterien organisierten Prozess“. So sah es auch Dominik Nusser: „Wir haben eine ungleich verteilte Versorgung. Es bräuchte mehr Steuerung vom Land, wo Leistungen gebraucht werden und wo nicht – statt dem Prinzip Gießkanne“. 
Dieses Denken in neuen Wegen unterstützt auch Rudi Fischer, der für die FDP unter anderem im Sozialausschuss des Landtags sitzt. Dazu gehöre auch der Ausbau der Telemedizin: „Die Möglichkeiten der Abrechnung von Telemedizin halten mit den Entwicklungen nicht Schritt. Hier brauchen wir endlich ein Ende des Kirchturmdenkens“.  

Als Vorbild nannte Dominik Nusser hier Dänemark: Dort gebe es die Möglichkeit, nach einem ersten Check durch die Sanitäter einen Notarzt in den Rettungswagen zuzuschalten. So sei es gelungen, 30% der Patienten frühzeitig als keinen echten Notfall einzustufen, bevor ein Notarzt sich auf den Weg machen musste. „Ähnliche Programme laufen aktuell in Bremen, Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein an – aber leider noch nicht in Baden-Württemberg“, so Dominik Nusser.

Entscheidend sei letztlich nicht unbedingt immer mehr Geld ins Gesundheitssystem zu geben, sondern die bessere Organisation der Strukturen, waren sich die Gesprächspartner einig. Die Politik solle den Rahmen geben, aber nicht zu kleinteilig regulieren – denn vor Ort wisse man besser, was funktioniert, als am Schreibtisch eines Ministeriums. Ein Beispiel dafür seien die starren Vorgaben bei den so genannten Sektorgrenzen. „Wir müssen mehr in Regionen planen und in Regionalbudgets denken. Wenn wir starre Vorgaben lösen, haben auch Innovationen wieder mehr Chance“, so Dominik Nusser. 

Ein Umbruch muss also nicht nur in den Kreiskliniken Reutlingen, sondern im Gesundheitswesen insgesamt stattfinden. „Damit der Umbruch im Gesundheitsbereich gelingt, brauchen wir eine Politik, die zwar einen klaren Rahmen vorgibt, aber nicht kleinteilig reguliert“, so das Fazit von Dr. Timm Kern. Sein FDP-Landtagskollege Rudi Fischer ergänzte: „Statt immer mehr Ressourcen ineffizient einzusetzen lieber die Ressourcen, die man hat, effizienter nutzen – mit dieser Erkenntnis kann die Reform des Gesundheitswesens klappen“.