Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern, Jürgen Keck und Daniel Karrais zu den Äußerungen des baden-württembergischen Verkehrsministeriums am 29. April 2020 zur Gäubahn:
„Gute Politik beginnt mit einer Analyse der Realität. Die Realität ist, dass Deutschland im Gegensatz zu benachbarten Ländern, wie Dänemark oder der Schweiz, jahrzehntelang an Infrastrukturprojekten plant und sich in Klagen verliert. Die Folgen sind höchst unzufriedene Menschen, die durch tägliche Nadelöhre auf Schienen und Straßen in ihrer alltäglichen Mobilität ausgebremst werden.
Leider hat das grün-geführte Verkehrsministerium angesichts dieser Tatsache mit einer ausführlichen Vergangenheitsbewältigung auf unsere Tempo-Forderung für die Gäubahn reagiert (29. April 2020). Uns als Freie Demokraten hätte es gefreut, Minister Winfried Hermann würde sich mit konstruktiven Vorschlägen beteiligen. Aber es ist leider wie so oft bei grüner Verkehrspolitik: viele Ankündigungen für besseren Nah- und Schienenverkehr, aber in der Realität mehr Ausfälle als je zuvor und eine Blockadepolitik, die zu Stillstand führt.
Unsere Plan- und Genehmigungsverfahren sind ineffektiv, bürokratisch und analog. Wer Akten einsehen will, muss in ein Behördenzimmer, wo meterweise Ordner stehen und die Hälfte der Verwaltungsbegriffe vollkommen unverständlich ist. An dieser Realität könnte die Bundes- und Landesregierung durch smarte und frühzeitige Bürgerbeteiligung sofort etwas ändern. Unsere Nachbarn Dänemark und die Schweiz zeigen, wie es geht: frühe Beteiligung mit einer verständlichen Ideenphase, kurze Planungszeiten und sehr hohe Akzeptanz für große Infrastrukturvorhaben in der Bevölkerung. Deshalb sind die verfassungs- und europarechtlichen Bedenken der Grünen ein politisches Ablenkungsmanöver.
Infrastrukturvorhaben von enormer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung müssen wir künftig aufgrund parlamentarischer Entscheidungen nach dem Vorbild Dänemarks auf den Weg bringen, dazu gehört auch der weitere Ausbau der Gäubahn.
Als FDP fordern wir konsequente Planungsbeschleunigung, in dem wir Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren zeitgleich und koordiniert durchführen. Das erspart aufwendige, zeitraubende und teure Doppelprüfungen. Erkenntnisse aus dem Raumordnungsverfahren, etwa zum Artenschutz, wären so auch im weiteren Verfahren aktuell. Vorteil: die Planfeststellungsunterlagen müssten weniger oft angepasst werden.
Selbstverständlich braucht es auch eine bessere personelle und materielle Ausstattung der Planungs- und Genehmigungsbehörden. Mit den analogen Methoden des letzten Jahrhunderts kommen wir hier nicht weiter. Digitale Instrumente bieten riesiges Beschleunigungspotential und es gibt viele Beteiligungsplattformen, bei denen sich Menschen schon heute ortsunabhängig und effizient einbringen können.
Wir fordern Minister Winfried Hermann dazu auf, an solch pragmatischen Vorschlägen endlich konstruktiv mitzuwirken. Schließlich können die Menschen nicht mehr nachvollziehen, dass wir zehn, zwanzig oder gar dreißig Jahre über Projekte reden, bevor auch nur ein Spatenstich durchgeführt wird.“