- Der Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern war zu Besuch bei den Ehrenamtlichen des WEISSEN RING e.V. in Freudenstadt
- Der Verein WEISSER RING arbeitet bundesweit seit über 40 Jahren im Bereich der Opferarbeit und hilft Betroffenen von jeglichen Straftaten
- Zusammen mit den Mitarbeitenden der Außenstelle Freudenstadt beriet sich Landtagsabgeordneter Dr. Timm Kern (FDP) über die Notwendigkeit der Hilfsarbeit des Vereins, aber auch über die Probleme, die ihre Arbeit umgeben
„Die Opfer haben lebenslänglich“, stellte Außenstellenleiterin Birgit Bihler im Bezug zu ihrer Arbeit beim WEISSEN RING in Freudenstadt fest. Gemeint sind die Folgen, welche Betroffene von Gewalt und Straftaten nach der Tat lange Zeit, oft ein Leben lang beschäftigen. Im gemeinsamen Gespräch mit den ehrenamtlich Engagierten und dem Landtagsabgeordneten Dr. Timm Kern berichtete Bihler, dass allein in diesem Jahr schon über 70 Fälle beim WEISSEN RING im Landkreis Freudenstadt eingingen. Das neunköpfige Team, gemischt aus (ehemaligen) Polizisten, Sozialpädagogen und Beamten, hat Einiges zu tun und kümmert sich auf vielfältige Weise: Die Ehrenamtlichen nehmen eine Lotsenfunktion ein, betreuen und beraten schnell und unkompliziert. Sie kümmern sich um zügige Soforthilfe, vermitteln an psychologische Beratungsstellen und Ärzte oder begleiten von jeglichen Straftaten betroffene Menschen bei Behördengängen. Dennoch würden sich viel mehr Betroffene an den WEISSEN RING wenden, wenn Ihnen bekannt wäre, wie unkompliziert die Hilfe des WEISSEN RING sein kann. Andere hingegen möchten ihre oft traumatischen Erlebnisse nicht mit Fremden teilen, erläuterte der stellvertretende Außenstellenleiter und pensionierte Polizist Petro Bihler. Von Seiten des Vereins wünsche man sich daher, dass die Betroffenen sowohl durch die Polizei als auch durch Anwälte, Behörden und Richter über das Angebot des WEISSEN RING informiert würden, um so noch mehr Menschen helfen zu können.
Herausfordernd seien auch die bürokratischen Hürden, die auf die Betroffenen zur Bearbeitung und Aufklärung der Straftat zukämen. „Das zieht sich oft monatelang, manchmal Jahre!“, beschrieb Manuela Sacherer die Situation. „Indem die Betroffenen die Geschehnisse immer wieder vor unterschiedlichen Institutionen beschreiben müssen, kommen die negativen Erlebnisse oft wieder hoch. Das tut nicht gut und manche werden retraumatisiert“ führte Schulsozialarbeiterin Sacherer weiter aus. „Die Betroffenen müssen abschließen dürfen!“ forderte Birgit Bihler. Dafür müssten diese ganzen Prozesse rund um eine Straftat und bei der Betreuung der Betroffenen schneller, unkomplizierter und effizienter ablaufen, forderte sie.
Am Gesprächstisch waren sich alle einig, dass Betroffenen durch langwierige Ermittlungen und langen Wartezeiten für psychologische Hilfe nicht gut genug in akuten Notsituationen geholfen werden könne. Gerade die Plätze für eine umfassende, langfristige psychologischen Betreuung seien in vielen Orten im Landkreis Freudenstadt rar, berichteten die Ehrenamtlichen. Es sei schwer einen Termin zu bekommen, da die Praxen komplett ausgelastet sind. Timm Kern bestätigte, dass das Angebot an Psychologen und Fachärzten gerade im ländlichen Raum problematisch gering sei und hier dringend Abhilfe geschaffen werden müsste. Während ein Täter häufig schnell einen Termin und ein psychologisches Gutachten bekäme, müssten Betroffene mehrere Monate auf einen Termin warten, zeigte Kriminaltechniker Marc Kirn die Problematik weiter auf. Diese Ungleichbehandlung müsse sich ändern.
Besonders interessierte sich der Abgeordnete, welche Motivation die Mitarbeitenden für diese herausfordernde Tätigkeit hätten. Die Ehrenamtlichen waren sich einig: „Nichts würde so gut funktionieren, wenn wir als Team nicht so gut zusammenpassen würden. Wir ergänzen uns durch unsere beruflichen Qualifikationen und Vorerfahrungen, so kann man Aufgaben gut und passend verteilen“. Dazu komme auch, dass es sich richtig anfühle, Betroffenen zu helfen und sie zu unterstützen. Zudem sei der Verein vor Ort in einen größeren Landes- und Bundesverband eingegliedert, der durch ein umfassendes Qualifikations- und Fortbildungsprogramm die Arbeit begleite. Ansonsten arbeite man in der Außenstelle Freudenstadt unter eigener Verantwortung und könne über die Ausrichtung des Vereins frei entscheiden, zeigte Petro Bihler die Vereinsstrukturen auf. Somit sei man autonom, habe aber eben auch weder eigene Gelder noch eigene Räumlichkeiten zur Verfügung. Die inhaltliche Freiheit lasse aber auch einen neuen Schwerpunkt in der Vereinsarbeit zu: Künftig möchte man sich sowohl auf die Opferarbeit, als auch auf präventive Angebote konzentrieren. „Wir klären jetzt schon Senioren auf, möchten aber unser Unterstützungsangebot erweitern und beispielsweise auch mit Menschen über Hass und Hetze im Netz, Stalking und sexuellen Missbrauch in den Austausch treten“, erläuterte Bihler die Zukunftspläne des Vereins. „Ich möchte Ihnen allen von Herzen für Ihr umfassendes, oft auch anstrengendes Engagement danken. Ihre ehrenamtliche Arbeit des WEISSEN RING ist für unsere Gesellschaft unverzichtbar“ beschloss der Abgeordnete Kern die Gesprächsrunde und den Abend.