Freitag, 4.3.: Ich stehe vormittags auf dem Wochenmarkt des Freudenstädter Marktplatzes und unterhalte mich mit einem interessierten Bürger, der auf mich zukam, um mit mir über verschiedene Themen der Landespolitik zu sprechen.
Auf einmal stellt sich ein mir unbekannter Mann neben mich und fragt ohne Zögern und ohne mein Gespräch mitgehört zu haben, denjenigen Freudenstädter, mit dem ich mich gerade unterhalte: „Welche Lüge erzählt er Ihnen?“
Ich bin einigermaßen fassungslos, drehe mich dem Unbekannten zu und frage ihn freundlich, aber ernst: „Haben Sie mich jetzt gerade als Lügner bezeichnet, ohne dass Sie überhaupt zugehört haben?“ Die Antwort kommt prompt: „Politiker sind doch alle gleich, die lügen alle!“
Ich habe mich mit den beiden Männern dann noch eine Weile unterhalten, habe Ihnen versucht zu erklären, dass ich einen anderen Anspruch hätte und ich es auch nicht in Ordnung fände, wenn alle Politiker in den gleichen Topf geworfen würden. Vielmehr fände ich es gut, wenn sich mehr Wählerinnen und Wähler die Mühe machen würden, ihre Landtagskandidaten persönlich kennenzulernen, schließlich gebe es genügend Möglichkeiten dazu, da ich versuchen würde, entsprechende Angebote in möglichst allen Städten und Gemeinden des Landkreises Freudenstadt anzubieten.
Woher kommt es eigentlich, dass Politiker bei vielen Menschen einen so miserablen Ruf haben? Klar, es gab in der Vergangenheit (und der Gegenwart) genug Skandale und Skandälchen, die in der Öffentlichkeit für Aufregung gesorgt haben. Aber gab es die nicht auch bei anderen Prominenten, wie z. B. bei Schauspielern, Spitzensportlern, Managern und leider auch Kirchenvertretern?
Ist es eigentlich schon eine Lüge, wenn man vor dem Wahltag sagt, welche Ziele man grundsätzlich erreichen will, und man nach der Wahl in der Koalition seine Ziele nicht 1 zu 1 umgesetzt bekommt? Wieviel Prozent ihres Wahlprogramms muss eine Partei in konkrete Politik umsetzen (können), damit sie ihre Glaubwürdigkeit nicht verliert?
Eine Lösung für das Problem der mangelnden Glaubwürdigkeit von Politikern habe ich natürlich auch nicht. Aber ich bin davon überzeugt, dass Ehrlichkeit und Geradlinigkeit Werte sind, die auch in der Politik möglich sind und man den Anspruch daran auch nicht aufgeben darf.
Ganz wichtig erscheint mir, dass Politiker immer und immer wieder die Gründe für ihr Handeln und ihre Entscheidungen erklären müssen. Dazu gehört aber auch, dass die Wählerinnen und Wähler sich nicht abwenden, sondern entweder zuhören oder sich die Informationen (beispielsweise) aus dem Internet holen. Wenn sich angeblich 40 Prozent der Wählerinnen und Wähler auf dem Weg zum Wahllokal für eine Partei entscheiden, dann macht mir das Sorge. Wenn es ein Recht auf Wählen gibt – gibt es dann eigentlich auch eine Pflicht zur Information?