• Landtagsabgeordneter Dr. Timm Kern (FDP) im Austausch mit dem Leiter des Therapiezentrums Osterhof Martin Schmid über die psychischen Herausforderungen bei Jung und Alt
  • Der Osterhof therapiert stationär aktuell 42 Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren mit Hilfe von rund 50 Mitarbeitenden – die Warteliste ist lang.
  • Dr. Timm Kern: „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren!“

Für manche Kinder ist der Osterhof die letzte Hoffnung: Wenn ambulante und stationäre Therapiemöglichkeiten vor Ort ausgeschöpft worden sind, erhalten hilfsbedürftige Kinder über die Jugendhilfe eine Chance im Therapiezentrum Osterhof in Baiersbronn, das der Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern (FDP) vor Kurzem besuchte. Die Mitarbeitenden vor Ort arbeiten vor allem mit zwei wichtigen Faktoren: Beziehung und Zeit. Sowohl die aktuell 42 zu behandelnden Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren, als auch die meisten der rund 50 Mitarbeitenden wohnen auf dem großzügig gestalteten Gelände des Osterhofs, eingebettet in die idyllische Umgebung des Schwarzwaldes.

Timm Kern im Austausch mit dem Leiter des Therapiezentrums Osterhof Martin Schmid

Vom Diplompsychologe und Leiter des Osterhofs Martin Schmid erfuhr Timm Kern, dass die Kinder durchschnittlich zwei Jahre im Therapiezentrum bleiben. „Wir versuchen, fehlende oder belastende Erfahrungen der Kinder aus vergangenen Tagen durch neue Erfahrungen und positive Erlebnisse zu ergänzen“, erklärte der Psychoanalytiker Martin Schmid. Bei den Kindern seien die Beziehungs- und Bindungserfahrungen aus dem Tritt geraten, viele entwickelten altersuntypische Verhaltensweisen. Im Osterhof stehen allerdings nicht die Symptome der Kinder im Mittelpunkt, sondern es werden deren Ursachen psychotherapeutisch und heilpädagogisch behandelt. Durch professionelle Therapieangebote wie beispielsweise Reit- und Spieltherapie und musik- und kunsttherapeutische Angebote, bauen die Kinder neue Beziehungen zu sich und ihrer Umwelt auf. Die Eltern kommen an Wochenenden, hierfür gibt es sogar eigene Übernachtungsräumlichkeiten und ein eigenes begleitendes therapeutisches Angebot. Die Arbeit mit den Kindern sei auch immer eine Arbeit mit den Eltern und deren persönlichen Situationen, berichtete Schmid. Das übergeordnete Ziel des Osterhofs sei es, „Brücke zur Familie“ zu sein, sodass es den Kindern nach der Therapie optimalerweise möglich ist, wieder in ihre Ursprungsfamilien zurückzukehren.

Wie Daheim auch, gehört zum Alltag der Kinder auf dem Osterhof auch das Lernen, erfuhr der Bildungs-politiker Timm Kern von Martin Schmid. Die jüngeren Kinder dürfen hierzu in den heilpädagogischen Kin-dergarten des Osterhofes gehen, die älteren die Heimschule, ein Sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Schwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung (SBBZ ESENT), besuchen. Hierfür werde gerade ein neues Schulhaus gebaut, in welchem spezielle schulpädagogische Konzepte umgesetzt werden können: „Wir möchten den Kindern einen Schutzraum und eine Heimat während ihrer Therapie bieten“, so Martin Schmid. Für diese intensive Betreuung gebe es eine lange Warteliste und An-fragen von Jugendämtern aus ganz Deutschland.

Das Gespräch führte Timm Kern und Martin Schmid auch zu den psychologischen Herausforderungen im Erwachsenenbereich. Insbesondere im ländlichen Raum gebe es viel zu wenig psychologische Beratungs- und Therapieangebote, kritisierte Timm Kern. Das liege unter anderem an den restriktiven Vorgaben der Krankenkassen, erläuterte er. Dabei waren sich Kern und Schmid einig: Prävention und frühzeitige Hilfen seien nicht nur für die Psyche der Betroffenen unverzichtbar, sondern auch für die Krankenkassen aus finanzieller Sicht eine sinnvolle Investition. Von entscheidender Wichtigkeit seien die frühzeitige Erkennung und die Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen. „Nur so können wir Menschen schnell helfen und sie auch nachhaltig bei ihrer Genesung unterstützen“, summierte der Abgeordnete das Gespräch.